Egal ob man ihr nur eine neue Form geben, Plätzchen hineintunken, sie selber machen oder einfach nur einen Kuchen damit überziehen möchte, am Schmelzen von Schokolade führt kein Weg vorbei.
Schmelzen? Das ist doch einfach! Die Schokolade kurz warm machen und fertig. Oder etwa nicht? Man ahnt es schon – ganz so leicht ist es leider nicht. Man kann Schokolade zwar schon ganz schnell und einfach schmelzen, danach darf man sich jedoch nicht wundern, wenn die flüssige Köstlichkeit Stunden braucht, um halbwegs wieder fest zu werden. Oder schlimmer noch: Wenn sich nach dem Aushärten dunkle Punkte oder gar ein gräuliches Muster auf ihrer Oberfläche breitmachen.
Nein, um aus geschmolzener Schokolade wieder eine seidig-matt glänzende Schönheit zu zaubern, die beim Zerbrechen sanft knackt und im Mund zart schmelzt, muss man sie temperieren. Wie man das genau macht, habe ich auf dieser Seite beschrieben. Hier soll es jetzt darum gehen, was dieses Temperieren genau ist und warum man Schokolade überhaupt temperieren sollte.
So gut wie jeder Schokoladengenießer, passionierter Kuchen-mit-Schokolade-Überzieher und Hobby-Chocolatier kennt das ungeliebte Phänomen: die Fettblüte. Es genügt bereits, wenn Schokolade kurz von der warmen Sonne geschmolzen worden und danach wieder ausgehärtet ist, oder für eine Weile ganz hinten im Küchenregal vergessen wurde. Was eigentlich seidig glänzen sollte, ist matt und gräulich, und so richtig zartschmelzend ist die geliebte Schokolade auch nicht mehr. Doch woher kommt das eigentlich?
Keine Angst - auch wenn meine absichtlich falsch temperierte Schokolade hier rechts ein bisschen danach aussieht, mit Schimmel hat das Ganze nichts zu tun.
Über die Textur und das Aussehen von Schokolade entscheidet die darin enthaltene Kakaobutter. Oder genauer gesagt: Die molekulare Struktur der Kakaobutter. Schokolade besteht zu ungefähr einem Drittel aus diesem eher simpel aufgebauten Fett. Kühlt man geschmolzene Kakaobutter ab, so lagern sich die Fettmoleküle in einem regelmäßigen dreidimensionalen Gitter zusammen – die Kakaobutter kristallisiert und härtet aus.
Kakaobutter kann jedoch nicht nur in einer, sondern in mehreren verschiedenen Formen kristallisieren. Diese Kristallformen haben zwar am Ende die gleiche chemische Zusammensetzung, Eigenschaften wie Schmelzpunkt, Glanz, Härte oder auch Volumen unterscheiden sich aber zum Teil deutlich. Kakaobutter kristallisiert in sechs verschiedenen Formen, die häufig mit römischen Zahlen bezeichnet werden. Von diesen sechs möglichen Kristallformen verleiht jedoch nur eine einzige der Schokolade seidigen Glanz und ist zudem gleichzeitig bei Raumtemperatur fest und bei Körpertemperatur flüssig: Kristallform V. Damit Kakaobutter beim Aushärten in genau dieser (und möglichst nur in dieser) Form kristallisiert, muss sie sorgfältig temperiert werden.
Denn kühlt man geschmolzene Schokolade einfach wieder ab, bilden sich vorwiegend Kristallkeime der Kristallformen I–IV. Die werden aber zum Teil bei Raumtemperatur gar nicht richtig fest und
wandeln sich nach dem Aushärten mehr oder weniger schnell in die thermodynamisch stabilste Form der Kakaobutter um; in Kristallform VI. Dabei wird ein Teil der Kakaobutter an die
Oberfläche gedrückt und bildet dort den als Fettblüte bekannten gräulichen Belag.
Das unschöne Aussehen der Schokolade ist aber nicht das einzige Problem. Die stabilste Kristallform VI schmilzt zudem erst bei 34–36°C und damit zu spät, um für ein zartschmelzendes Geschmackserlebnis zu sorgen. Die Geschwindigkeit, mit der Schokolade im Mund schmilzt, hat nämlich einen größeren Einfluss auf das Genusserlebnis, als man denkt.
Beim so einfachen wie genialen Verfahren des Temperierens von Schokolade macht man sich die unterschiedlichen Schmelzpunkte der Kristallformen zunutze: Man stellt durch einen Zyklus aus Schmelzen, Abkühlen und wiederholtem Schmelzen sicher, dass die Kakaobutter möglichst nur in der erwünschten Form V auskristallisiert. Wie das in der Praxis geht, habe ich hier beschrieben.
Der Artikel hat dir gefallen? Ausführliche Infos zu Schokolade und ähnlichen Themen gibt es in meinem Buch :)
Oder hast du noch Fragen? Ich freue mich über einen Kommentar!
Nikola (Studie in Süß) (Mittwoch, 06 März 2019 21:36)
Liebe Lisa, du hast absolut Recht, da ist tatsächlich etwas durcheinandergekommen - ich habe es schnell korrigiert :)
Viele Grüße und lieben Dank für den Hinweis!
Lisa (Dienstag, 05 März 2019 11:14)
Hallo,
kann es sein, dass in der Abbildung zu den Schmelztemperaturen die Kristallformen zahlenmäßig falsch benannt wurden? Die stabilste Kristallform VI, welche bei 34-36 °C schmilzt, ist in der Abbildung als IV benannt.
Viele Grüße