Wer kennt es nicht: Gebrauchsfertig in kleinen Papierbeutelchen abgepackt ist es in jeder Backabteilung zu finden und fängt bei dem kleinsten Flüssigkeitskontakt wild zu schäumen an: Backpulver. Dessen Anwendung ist denkbar einfach: Zum Waffel-, Pfann- oder Rührkuchenteig geben, das Ganze backen und voilà – fertig ist der luftig-lockere Genuss.
Nur... manche Rezepte verlangen nach Natron, das auch als Backsoda oder Backnatron bezeichnet wird. Ist das das Gleiche wie Backpulver? Und falls nicht: Was muss man beachten, wenn man Backpulver und Natron gegeneinander austauschen möchte?
Natron ist nicht das gleiche wie Backpulver, sondern ein Teil davon. Daher kann man beide Zutaten nicht beliebig gegeneinander austauschen.
Es gilt:
Backpulver ist eine ausgewogene Mischung aus mehreren Komponenten. Eine davon, der Säurebildner, reagiert bei Wasserkontakt zu Säure. Die entstehende Säure reagiert mit einer weiteren Komponente, nämlich mit Natron (chemisch: Natriumhydrogencarbonat) oder einer ganz ähnlichen Verbindung wie Kaliumhydrogencarbonat, zu gasförmigem Kohlenstoffdioxid (CO2). Und dieses Gas wiederum lockert den Teig.
Dazu enthält Backpulver meist noch ein Trennmittel wie Stärke, das (Luft-)Feuchtigkeit bindet. Das hat folgenden Grund: Die Reaktion von Backpulver und Wasser ist innerhalb eines Teiges gewollt, denn ein Teil des freiwerdenden Kohlenstoffdioxids wird dort gehalten und dehnt sich später beim Backen aus – es entstehen luftig-lockere Leckerbissen.
Kommt Backpulver jedoch zu früh mit Wasser in Kontakt - zum Beispiel durch eine zu hohe Luftfeuchtigkeit -, reagiert es ab und verliert dadurch schon vor dem Einsatz in Ofen oder Waffeleisen seine Triebkraft. Aus diesem Grund sollte man Backpulver auch erst kurz vor dem Backen zum Teig geben.
Backpulver enthält also wie oben beschrieben eine gasbildende Komponente (Natrium- oder Kaliumhydrogencarbonat), die mit einer Säure zu Gas reagiert und dadurch vielerlei Gebäck lockert. Natron (auch Backnatron oder Backsoda genannt) ist nichts anderes als Natriumhydrogencarbonat – also der gasbildende Teil von Backpulver. Natron allein löst sich nur mäßig in Wasser und zersetzt sich ab etwa 50 °C zu Natriumcarbonat und gasförmigem Kohlenstoffdioxid (CO2). Moment! Wenn aus Natron also Gas entsteht, warum kann man es dann nicht einfach statt Backpulver verwenden?
Oben steht es bereits – Natron zersetzt sich zwar im Ofen zu Kohlenstoffdioxid, jedoch nur teilweise. Ein Teil des Natrons wird zu Natriumcarbonat und bleibt im Teig zurück. Durch diese unvollständige Reaktion geht der Kuchen nicht nur weniger auf, er schmeckt durch das übrigbleibende Natriumcarbonat auch noch seifig. Damit Natron die gleiche Triebkraft entwickelt wie Backpulver, muss man daher eine saure Zutat wie Zitronensaft zum Teig hinzufügen.
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Oder hast du noch Fragen? Ich freue mich über einen Kommentar!
Nikola (Studie in süß) (Mittwoch, 28 Oktober 2020 19:06)
Liebe Judith, danke für deinen Kommentar und deinen wertvollen Hinweis! Ich werde versuchen die Stelle im Text möglichst bald zu überarbeiten und entsprechend anzupassen.
Liebe Grüße, Nikola
Judith (Dienstag, 27 Oktober 2020 13:24)
Hallo Nikola, eine tolle Erklärung und wirklich gut verständlich aber nur bedingt richtig man kann nicht in allen Backrezepten einfach Backpulver nehmen wenn nach Natron gefragt wird! Besonders bei Cookies ist das ergebniss nämlich nicht vergleichbar! Mit Backpulver gehen diese viel mehr auf und werden fast schon Kuchenartig was mit Natron nicht passiert (kommt natürlich aufs Rezept an!) auch muss man dort keine Säure extra dazu geben da diese durch den verwendeten BRAUNEN Zucker schon enthalten ist!
Daher ist die Behauptung das erstezen von Natron durch Backpulver geht immer einfach und ohne Probleme etwas das, gerade bri Backanfängern, zu einem schlechten Backergebnis führen kann!
LG Judith
Frank (Dienstag, 24 März 2020 20:57)
Interessanter Artikel! Nun weiß ich auch, warum man Natron gegen Sodbrennen nimmt :-).
Wilhelm (Dienstag, 10 Dezember 2019 12:30)
Super erklärt, danke
Nikola (Studie in Süß) (Sonntag, 24 März 2019 22:16)
Hallo Rellok, es freut mich, dass der Artikel dir gefallen hat. Natron kann im Haushalt tatsächlich wegen seiner chemischen Eigenschaften vielseitig zur Reinigung eingesetzt werden. Ob es sich jedoch auch zur Reinigung deiner Antischnarchschniene eignet, würde ich an deiner Stelle lieber direkt beim Hersteller nachfragen. So gehst du auf Nummer sicher und vermeidest, dass die Schiene Schaden nimmt.
Rellok (Montag, 18 März 2019 11:02)
Sehr guter, informativer und leicht verständlicher Artikel zur Klärung von chemischen Abläufen.
Konkrete Frage: eignet sich Backnatron zur Reinigung einer Antischnarchschiene, einer sog. Pronationsschiene. Diese besteht aus einem Oberkiefer- und Unterkieferteil aus Kunststoff mit Metall. In der Gebrauchsanleitung wird von den üblichen Reinigungsmittel für Zahnprothesen gewarnt. Aktivsauerstoff (Wasserstoffperoxyd) für Prothesen können den Kunststoff der Schlafapnoe-Schiene dauerhaft beschädigen.
Manuela Nickel (Donnerstag, 14 März 2019 00:48)
Natron und Gallseife sollten schon zu Reinigungszwecken in keinem Haushalt fehlen ... Und als Ausstechformen für Plätzchen lassen sich prima auch (saubere) Sandkastenförmchen verwenden � ...
Nikola (Studie in Süß) (Dienstag, 08 Mai 2018 23:37)
Hallo Simon, vielen lieben Dank für deinen Kommentar. Es freut mich sehr, dass dir mein Blog gefällt!
Eine sehr gute Frage - mir ist auch schon häufig aufgefallen, dass in manchen (englischsprachigen) Rezepten entweder nur Natron oder Backpulver und zusätzliches Natron verwendet wird. Wie im Text schon gesagt, ist Natron ein Teil von Backpulver. Gibt man außer Natron auch Zitronensaft oder andere säurehaltige Zutaten zum Teig, ist die Wirkung dieser Kombi identisch mit der von Backpulver - Natron und Säure reagieren miteinander und das Gebäck geht auf. Bei Backpulver ist die säurebildende Komponente nur eben schon im Papierbeutelchen enthalten.
Verwendet man ausschließlich (oder zusätzliches Natron), so entsteht daraus im Ofen Natriumcarbonat. Diese Verbindung reagiert in Wasser (oder mit der Feuchtigkeit im Teig) basisch. Der pH-Wert des Teiges steigt. Ein höherer pH-Wert verstärkt und beschleunigt die sog. Maillard-Reaktion, durch die Gebäck u.a. bräunt und aromatisch schmeckt.
Ich könnte mir daher vorstellen, dass man durch den zusätzlichen Einsatz von Natron den pH-Wert eines Teiges leicht erhöhen möchte, damit das Gebäck im Ofen eine ansprechendere Farbe bekommt. Dabei sollte man allerdings vorsichtig sein - nimmt man zu viel Natron, schmeckt der Kuchen später unangenehm seifig.
So, das ist also meine Vermutung, weshalb in manchen Rezepten zusätzliches Natron verwendet wird. Ich werde der Frage aber auf jeden Fall noch einmal genauer auf den Grund gehen :) Vielen Dank für die Anregung!
Viele Grüße, Nikola
Simon (Montag, 07 Mai 2018 13:15)
Hallo Nikola, dein Blog ist super! Ich liebe es, wenn Zutaten und deren Einsatz wissenschaftlich erklärt werden. Nur bleibt bei mir eine Frage offen: Gibt es einen guten Grund, Natron statt (oder zusätzlich zu) Backpulver zu verwenden? Die Amerikaner fahren ja total darauf ab.